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Beim Gesetzentwurf mehr Mut gewünscht
Am 14. Oktober beginnt in diesem Jahr die Ungerechtigkeit. "Wenn man die statistische Jahreslücke zwischen den Geschlechtern zurückrechnet, arbeiten Frauen ab jetzt bis Ende des Jahres unentgeltlich", sagt Renate Götze von ver.di Hamburg. Unter dem etwas sperrigen Titel "Tag der betrieblichen Entgeltgleichheit" machen die Gewerkschaften im Herbst jeden Jahres auf die hohe statistische Entgeltdifferenz zwischen den Geschlechtern in Deutschland aufmerksam.
Bertriebsräte verringern Lohnlücke
Sie liegt hierzulande bei 21 Prozent und ist damit im europäischen Vergleich eine der höchsten. Sie ist auch zu erklären durch die unterschiedliche Berufswahl der Geschlechter, durch vermehrte Teilzeitarbeit von Frauen, durch ihren stärkeren Einsatz bei Familien- und Pflegeaufgaben. Aber es zeigt sich auch, dass die Lohnlücke dort geringer ist, wo Gewerkschaften aktiv und Betriebsräte vorhanden sind.
In Hamburg machten Mitte Oktober unter anderem die ver.di-Frauen mit einem Infostand in der Innenstadt auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam, in anderen Städten gab es weitere Aktionen.
"Die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern ist ungerecht", sagt auch Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig. Deswegen hat ihr Ministerium bereits vor einiger Zeit einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Lücke geschlossen werden soll. Jetzt hat der Koalitionsausschuss einen Kompromiss dazu gefunden und das Entgelttransparenzgesetz auf den Weg gebracht. "Wir hoffen, dass das Tabu, über Löhne und Gehälter zu sprechen, nun ein Stück weit aufgebrochen wird", sagt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack.
Allerdings hätten sich die Gewerkschaften an vielen Stellen mehr Mut gewünscht, im Interesse der Frauen über die Vereinbarung des Koalitionsvertrages hinauszugehen. Schon jetzt stehe fest, dass die geplante Evaluation zur Entgeltgleichheit in kleineren Betrieben schnellstmöglich erfolgen müsse, um das Gesetz hier nachbessern zu können. Nach dem Entwurf besteht der individuelle Auskunftsanspruch nur in Betrieben und Verwaltungen mit mehr als 200 Beschäftigten, in Kleinbetrieben ist der Frauenanteil jedoch am höchsten. Auch sprach sich die Gewerkschafterin dafür aus, betriebliche Prüfverfahren verbindlich zu machen.
Was verdient die Frau?
Der DGB hat das Projekt "Was verdient die Frau? Wirtschaftliche Unabhängigkeit" auf den Weg gebracht. Neben Informationen zum Thema finden Betriebs- und Personalräte hier jetzt auch eine Vielzahl von Handlungshilfen, mit denen sie die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen in Betrieben und Verwaltungen fördern können. Dazu zählen auch Musterbetriebsvereinbarungen und Infos zu rechtlichen Handlungsmöglichkeiten.
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